Die leidige Gewaltdebatte
Die leidige Gewaltdebatte
Am Samstag beteiligte ich mich an der Demo zum Erhalt des Autonomen Zentrums (AZ) in Köln Kalk.
Die gut besuchte Demo (die Polizei gibt 500 TeilnehmerInnen an) war bunt, laut und dürfte auch in Köln Kalk gut angekommen sein.
Allerdings blieb sie überwiegend szeneintern.
Weniger gut läuft gerade die Presse für das Autonome Zentrum, seit OB Roters wegen der anstehenden Räumung des AZ persönlich unter Druck gesetzt wurde, einen öffentlichen Verzicht von "Gewalt" einfordert und Vergleiche mit Faschismus sowie Pro Köln auf beiden Seiten überhand nehmen.
Bleiben wir mal bei dem status ante: Das Autonome Zentrum wird von einem überwiegend anarchistischen Spektrum betrieben, welches herrschaftskritisch ist, welches "Gott, Staat und Patriarchat"
sicherlich nicht akzeptiert. OB Jürgen Roters, ehemaliger Polizeipräsident, ehemaliger Regierungspräsident, kann sicherlich ohne allzu große Unterstellung eine staatstragende Funktion unterstellt werden. Roters weiß genau, dass die bestehende Gesellschaft eine gewalttätige ist, diese Annahme teilen Sozialdemokratie und Anarchismus. Einen Konflikt gibt es hingegen bei der Frage, welche Rolle Staat und Recht hierbei spielen.
Unglücklich ist nun, dass die Frage, wie weit es legitim ist, für die Erhaltung des AZ zu gehen, unmittelbar mit dem Verhalten von und gegenüber Pro Köln verknüpft wird.
Die Gesellschaft braucht Orte, an denen diskutiert wird, was Herrschaft ist, was Faschismus ist und war, ob Pro Köln eine rechtsextreme oder eine faschistische Gruppierung ist und wie Selbstorganisation auch ohne staatlichen Rahmen erfolgen kann. Orte wie das AZ.
Gewaltdebatten machen diese Diskussion kaputt. Dass Gewalt niemand will, ist noch Konsens. Dass aber das Gewaltmonopol an den Staat übertragen wird, werden bereits Liberale in dieser Generalität nicht akzeptieren.
Das Spiel, zum Gewaltverzicht aufzufordern, ist das alte Spiel der Konservativen, welches ja auch Grüne häufig erleben durften.
Die Debatte sollte wieder über das Autonome Zentrum geführt werden. Will ein sozialdemokratischer OB wirklich eine Stadt Köln ohne Autonomes Zentrum? Will die Kalker Bevölkerung Kalk ohne AZ? Die alten sozialdemokratischen Strukturen werden dieses nicht kompensieren können.
Die aktuelle Situation ist eine Möglichkeit, die gesellschaftlichen Grundfragen in der Öffentlichkeit zu debattieren, die diesen Konflikt ausmachen. Und dies ist dringend notwendig. Zuerst aber sollte sprachlich abgerüstet werden. Also erst einmal keine Faschismusvergleiche und keine Aufrufe zum generellen Gewaltverzicht.
Stadt, SPD wie AZ haben Publikationsorgane und sollten den Streit um das bessere Argument eben öffentlich austragen. Und dabei keine Vorurteile schüren, sondern abtragen.
Durch Gewaltanwendung verlieren hier tatsächlich alle.
Werner Hager
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